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Praxis für Psychotherapie und Coaching
Dr. Christine Laufersweiler-Plass
Schumannstraße 50,  65193 Wiesbaden
Tel: 0611- 97 13 206


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Die Qualitätssicherung für Psychotherapie soll 2013 neu geregelt werden.
Die Mehrheit der Psychotherapeuten wünscht eine Abschaffung des unwissenschaftlichen Gutachterverfahrens

Fact-Sheet zum sogenannten „Gutachterverfahren“ (GAV) in der Richtlinienpsychotherapie
zusammengestellt von Dr. Christine Laufersweiler-Plass, 2012

 

1.       Bisher können erfahrene Psychotherapeuten nur für die Beantragung von Kurzzeitpsychotherapien (bis 25 Behandlungsstunden) eine Befreiung vom Gutachterverfahren (GAV) erlangen. Für Langzeitpsychotherapien (länger als 25 Stunden) sind alle Psychotherapeuten trotz Hochschulstudium und Approbation gezwungen, umfängliche gutachterliche „Berichte an den Gutachter“ zu schreiben. Von der Bewilligung durch einen "Gutachter" hängt dann ab, ob ein Patient eine Therapieverlängerung  erhält oder nicht. Die Bestimmungen für das GAV finden sich in den Psychotherapie-Richtlinien sowie in der Psychotherapie-Vereinbarung (www.g-ba.de/informationen/richtlinien/20/)  (www.kvwl.de/arzt/recht/kbv/ekv/ekv01.pdf).

2.       Offiziell soll mithilfe des Gutachterverfahrens (GAV) geprüft werden, ob ein Therapeut für einen Patienten tatsächlich ein anerkanntes Psychotherapie-Verfahren beantragt, ob es indiziert ist und ob die Prognose einen ausreichenden Behandlungserfolg erwarten läßt.  Manchmal wird auch argumentiert, das  Gutachterverfahren diene der Supervision oder der Qualitätssicherung.    Jedoch verknüpft das Gutachterverfahren auf wissenschaftlich unzulässige Weise die Überprüfung der Qualität des Berichtes des Psychotherapeuten mit der Leistungsbewilligung für den Patienten.     

3.         Fast alle niedergelassenen Psychotherapeuten möchten das GAV ersatzlos abschaffen, da sie davon überzeugt sind, dass die aktuellen Regelungen zu Aus- und Weiterbildung plus Verpflichtung zu interner Dokumentation die Qualität der Therapien bereits bestens absichern (*s.u. Literaturhinweise 4 u. 5). Jedoch vertritt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KV) im Gremium des Gemeinsamen Bundesausschuss (g-ba) häufig eher die Interessen der ärztlichen Mehrheit als die der Psychologischen Psychotherapeuten. 

 4.       Die sogenannten „Berichte an den Gutachter“ beinhalten die persönlichsten Daten von Patienten und deren Angehörigen. Inhaltlich ist alles zu berichten, was die seelische Problematik des Patienten und die Notwendigkeit der Therapie belegen kann.
( siehe: Fragenkatalog: „Informationsblatt für zum Erstellen des Berichtes VT 3a/b/c, bzw. TP/PA). http://ccs-jade.com/2.%20GAV-Fragenkatalog-%20Verhaltenstherapie.pdf

5.      Die Anonymisierung für diese sogenannten „Berichte“ ist hinsichtlich eines erforderlichen Datenschutzes für die Patienten nicht hinreichend, denn Sie erfolgt über den Anfangsbuchstaben des Nachnamens und das Geburtsdatum (Beispiel K03.12.78). Aus der Anschrift des Therapeuten kann der Gutachter auch den Wohnort des Patienten ableiten.

6.      Der sogenannte „Bericht an den Gutachter"  ist eigentlich ein Gutachten. Das Amtsgericht Ansbach urteilte am 05.11.2007 ( Az. 3 C 846/06), es handele  sich eigentlich um ein mehrseitiges Gutachten. Die Honorierung von 53,38 € entspräche keinesfalls der mehrstündigen Arbeitsleistung, die Psychotherapeuten für dieses Gutachten erbringen.

7.    Die sogenannten „Gutachter“ werden aufgrund bisheriger Berufs- und Lehrtätigkeit gemeinsam von KBV und Krankenkassen ernannt. Weiteren inhaltlichen Qualitätskontrollen unterliegen die sogenannten „Gutachter“ im Verlauf ihrer Tätigkeit nicht.

8.       Die „Gutachter“ sehen den Patienten niemals selbst. Sie bewilligen die Psychotherapie (oder auch nicht) aufgrund der schriftlichen Darstellung des behandelnden Psychotherapeuten.   Mit Qualitätssicherung oder Supervision hat dies nichts zu tun, denn  Ablehnungen oder Stundenkürzungen bedeuten immer, daß dem Patienten eine Therapie  verweigert wird, die Patient und  Psychotherapeut für notwendig erachten. 

9.      Die  "Gutachter"  überlassen es häufig geringer qualifizierten Mitarbeitern oder  Ausbildungskandidaten, die gutachterlichen Berichte der  approbierten Psychotherapeuten zu prüfen.  Die Antworten erfolgen auf Formblättern und mit Textbausteinen und enthalten für die Psychotherapeuten selten etwas Nützliches.

10.    Ohne direkten Kontakt zum Patienten ist es wissenschaftlich gesehen für externe „Gutachter“ unmöglich, aufgrund von Fragebogenergebnissen oder ausführlichen „Berichten“, über die Notwendigkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit einer Psychotherapie zu urteilen. Damit steht das "Gutachterverfahren" und die Beteiligung der "Gutachter" daran im Widerspruch zur Berufsordnung: "Psychotherapeuten sind verpflichtet, die professionelle Qualität ihres Handelns unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu sichern und weiterzuentwickeln".

11.    Psychotherapeuten erleben regelmäßig willkürliche Entscheidungen durch die "Gutachter" (Stundenkürzungen, zeitaufwendige unsinnige Nachfragen, Belästigung am Telefon). Im Obergutachterverfahren werden dann bei neu zusammengetragener, noch differenzierterer Darstellung der Sachlage die Anträge meist anerkannt. Auch das kostet Psychotherapeuten weitere Arbeitszeit.

12.    Das Gutachterverfahren (GAV) ist 45 Jahre alt, wissenschaftlich nicht haltbar und seit der Regelung zur Approbation und Ausbildung von Psychotherapeuten durch das PsychThGesetz obsolet. Es hat nur ein Ziel: Es soll den Psychotherapeuten erschweren, Therapien durchzuführen, die länger als 25 Stunden dauern.

13.    Das GAV ist ein Instrument der Kostenbegrenzung und nicht der Qualitätssicherung. Die aktuelle TK-Studie belegt, dass sich Psychotherapeuten an die bestehenden Standards und Leitlinien halten - auch ohne Gutachten. (siehe TK-Studie: Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie. Abschlussbericht 2011. www.tk.de). 

14.    Der Psychotherapeut erhält für die Beantragung einer Langzeittherapie 53,38 € (Abrechnungziffer 35131). Je „Bericht“ werden von den Psychotherapeuten ca. 3-4 Stunden Arbeitszeit eingesetzt, schwierige Fragestellungen können auch 5 Stunden in Anspruch nehmen. 

15.    Der sogenannte „Gutachter“ erhält das Honorar  von 38,80€. Hinzu kommen die Verwaltungskosten für die Krankenkassen. Das Gutachtersystem kostet die Krankenkassen daher jährlich für ca. 300.000 Gutachten ca. 27 Millionen Euro.
(zitiert aus  „Psychotherapie Aktuell 3/2012, S. 16). Mit diesem Geld könnte man mehr als 10.000 zusätzliche Kurzzeittherapien
  je 25 Std. finanzieren.

16.   Lehrinstitute und die aus diesen hervorgehenden "Gutachter"  möchten das Gutachterverfahren aus eigenen finanziellen Interessen beibehalten. Da die 170 sogenannten „Gutachter“ bzw. ihre Mitarbeiter je Stellungnahme zum Antrag auf Langzeittherapie 38,80 € verdienen, können sie jährlich mit dieser Tätigkeit ca. 65.000 €  erwirtschaften. Daher kämpfen sie um den Erhalt des Systems.

17.    Bei Wegfall des Gutachterverfahrens würde jeder der derzeit zugelassenen ca. 21 600 Psychotherapeuten, mehr als eine Arbeitswoche je Jahr hinzugewinnen, in der er Patienten behandeln könnte. Zeitlich gesehen könnten fast eine Million mehr an Einzel-Psychotherapiestunden angeboten werden.

18.    Der Einfluss der Psychologischen Psychotherapeuten ist  in KBV, KVen  und g-ba   durch das 10% Stimmenlimit (SGB V § 80, Abs.1) und den auf 50% begrenzten Anteil der Psychotherapeuten in den beratenden Fachausschüssen für Psychotherapie (79b des SGB V) sehr eingeschränkt.

 
Psychotherapeuten fordern lediglich dieselben Rechte wie Ärzte ein, wenn Sie aufgrund der Diagnosen einen Therapieplan selbst erstellen und diesen selbst vertreten wollen. Psychotherapeuten wollen, dass die Daten (auch Fragebogendaten) der Patienten in der Praxis des Psychotherapeuten verbleiben.  Externe Begutachtungen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit sollten nur dann in Frage kommen, wenn der Patient mehr als 80 Behandlungsstunden benötigt, was abgesehen von der Psychoanalyse sehr selten vorkommt. Psychotherapien werden  im Durchschnitt bei etwa  40 Behandlungsstunden abgeschlossen (siehe TK-Modellprojekt 2011).

 Es ist an der Zeit, daß der Gemeinsame Bundesausschuss (g-ba) endlich die Kompetenz der niedergelassenen approbierten Psychologischen Psychotherapeuten und Kinderpsychotherapeuten anerkennt  und das Gutachterverfahren  abschafft.

 

* Literatur :

  1.  Deutsche PsychotherapeutenVereinigung, Heft “Psychotherapie Aktuell“ 3,2012.
  2. Argeo Bämayr; Gutachterverfahren vor Psychotherapien; Deutsches Ärzteblatt PP Heft 8, August 2002.
  3. Hessel et al, Zur Einkommenssituation niedergelassener Psychologischer Psychotherapeuten, Z. Med. Psychol.  18, 180 - 188, 2009.
  4. Laufersweiler-Plaß, C., 2012. Umfrage zum Gutachterverfahren. dr-laufersweiler.de/Umfrage-zum-GAV.html
  5. KBV-Infas-Umfrage zur  Zukunft des Sicherstellungsauftrages 2013, Freitextantworten, Seite 9, Datenlink ,
  6. Köhlke, Hans-Ulrich; hat das Psychotherapie-Gutachter-Verfahren (noch) eine Legitimation? Psychotherapeuten FORUM 5/99; Seite 24.




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